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Seine Heiligkeit Drikung Kyabgon Chetsang

 

Drikung Kyabgon Chetsang</

Seine Heiligkeit der Drikung Kyabgon Chetsang, 37. Thronhalter der Drikung Kagyü-Linie und 7. Kyabgon-Inkarnation von Chetsang Rinpoche, ist eine Manifestation von Chenresig (Avalokiteshvara).

Der Drikung Kyabgon Chetsang ist am 4. Tag des 6. tibetischen Monats des Feuer-Hund-Jahres 1946 in der Adelsfamilie Tsarong in Lhasa geboren. Dieser glückverheißende Tag ist auch der Jahrestag von Buddhas erstem Drehen des Dharma-Rads.

1950 wurde Kyabgon Chetsang als die Reinkarnation des Drikung Kyabgön anerkannt, nachdem er verschiedene Prüfungen durchlaufen hatte. Seine Reinkarnation wurde durch Orakel von Taktra Rinpoche, dem Regenten von Tibet, von S.H. dem 16. Karmapa und S.H. Taklung Matrul bestätigt.

Im Herbst 1950 fand die offizielle Inthronisierung in Drikung Thil, dem Hauptkloster der Drikung-Linie, statt. Unmittelbar darauf begann die chinesische Invasion in Tibet.

Seine spirituellen Lehrer (Yongzin) waren Tritsab Gyabra Rinpoche und Ayang Thubten Rinpoche (1899–1966). Von seinen Yongzin und von Bhalok Rinpoche, Bongtrul Rinpoche und Nyidzong Tripa erhielt er die wichtigsten Belehrungen, Übertragungen und Einweihungen der Kagyü-Tradition und der Drikung-Kagyü-Tradition im Speziellen.

Während der Affenjahr-Belehrungen, der Zeremonie des Großen Drikung-Phowa im Jahr 1956, gab der Drikung Kyabgon Chetsang im Alter von elf Jahren seine ersten Belehrungen und eine Langlebens-Einweihung. Danach begann er im Nyima Changra College von Drikung seine philosophischen Studien. Obgleich vier Jahre jünger, studierte er zusammen mit dem 2. Drikung-Thronhalter, Chungtsang Rinpoche.

Kurz danach kam es in Tibet zum großen Umsturz. Nach dem Aufstand von 1959, als viele Tibeter flüchteten, wurden zahlreiche Versuche unternommen, auch Chetsang Rinpoche und Chungtsang Rinpoche außer Landes und in Sicherheit zu bringen. Diese schlugen jedoch wegen des unerbittlichen Widerstandes des Klostervorstehers fehl.

Die Mönche des Klosters wurden unter Hausarrest gestellt. Nach einigen Monaten nahm Tritsab Rinpoche, der ein paar Jahre zuvor das Kloster verlassen hatte, Chetsang Rinpoche mit nach Lhasa, wo die beiden unter ärmlichsten Bedingungen lebten.

Beim Ausbruch der Kulturrevolution 1966 musste Chetsang Rinpoche – wie viele Adelige und Rinpoches – die brutalen Volkstribunale über sich ergehen lassen, bekannt als Schauprozesse. Lhasa versank im Chaos.

1969 wurde Chetsang Rinpoche einer Gemeinde auf dem Land zugeteilt, wo er unter härtesten Bedingungen körperliche Arbeit ausführen musste. Im Frühjahr und Sommer musste er in Arbeitskolonnen auf den Feldern schuften, im Herbst in den hohen Bergen Brennholz schneiden und die schwere Last nach Hause bringen, im Winter die Abwasser- und Klärgruben in Lhasa ausschaufeln. Trotz dieser mühsamen Arbeit half Chetsang Rinpoche anderen, wo immer es ihm möglich war. Niemand wusste, dass er der Drikung Kyabgon war.

Sorgfältig geplant, gelang ihm schließlich 1975 die Flucht – allein, ohne jede Hilfe, über hohe Pässe und Gletscher. Was unmöglich erschien, glückte ihm; unversehrt erreichte er Nepal und schließlich die Residenz des Dalai Lama in Dharamsala.

Er gab den Bitten vieler Drikung-Lamas im Exil nach und wurde symbolisch als der Drikung Kyabgon Chetsang in der Gegenwart des Dalai Lama inthronisiert. Dadurch bekundete er, dass er in Zukunft die Verantwortung für die Drikung-Linie übernehmen werde.

Im Kloster Lamayuru absolvierte er das Drei-Jahres-Retreat unter der strengen Leitung des großen Meisters Kyunga Sodpa Gyatso (1911–1980).

Drikung Kyabgön Chetsang studierte unter vielen hoch verwirklichten Rinpoches aus verschiedenen Traditionen. Er betrachtet Dilgo Kyentse Rinpoche (1910–1991) als einen seiner wichtigsten Lehrer. Von ihm erhielt er die Belehrungen zu den Acht Praxis-Linien (Dam Ngag Dzo), die höchsten Dzogchen-Belehrungen (Nyingtig Yashi) wie auch die Belehrungen zu den gesammelten Schriften von Jamgon Kongtrul (Gyachen Kadzo) und den Schatz der mündlichen Kagyü-Übertragungen (Kaygu Ngag Dzo). Außerdem erhielt er kostbare Belehrungen und Einweihungen von S.H. dem Dalai Lama (Chakrasamvara, Kalachakra und Yamantaka), von S.H. dem 16. Karmapa (Die sechs Yogas des Naropa, Milarepa), von S.H. Taklung Shabdrung Rinpoche (die Übertragung der Taklung-Kagyü-Belehrungen) und von S.H. Taklung Tsetrul Rinpoche die Übertragung der Nördlichen Schatzkammer.

Er studierte buddhistische Philosophie unter Khenpo Noryang im Drukpa-Kagyü-Kloster Sangnag Choling in Buthan. Außerdem erhielt er wichtige Drikung-Einweihungen und Mahamudra-Belehrungen von S.E. Garchen Rinpoche und Drubwang Konchog Rinpoche.

Im Jahr 1985 erhielt er von S.H. dem Dalai Lama während der Kalachakra-Einweihung in Bodhgaya die volle Mönchsordination.

Seit 1987 reist Chetsang Rinpoche in viele Länder und gibt zahlreiche Belehrungen in der ganzen Welt.

Gleichzeitig begann er, die geschwächte Drikung-Linie wieder aufzubauen und sie mit Kraft und großer Energie zu füllen. In Dehradun in Indien errichtete er ein Kloster und Bildungsinstitut, das viele Mönche aus Tibet und buddhistische Praktizierende aus vielen Ländern anzieht: das Drikung-Kagyü-Institut. Anfangs bestand es aus dem Mönchskloster Janchubling sowie dem Retreat-Zentrum und Nonnenkloster Samtenling.

2003 errichtete Drikung Kyabgön Chetsang in der Nähe seines Klosters ein großartiges Gebäude: die Songtsen Library, ein Zentrum zum Studium der Tibetologie und Kultur der Himalaya-Region. Sie enthält seltene Schriften zu allen Themen: zur tibetischen Kultur, Tradition und Geografie und selbstverständlich Textsammlungen aller tibetischen Lehrtraditionen. Sie beherbergt auch eine Sammlung über die berühmten Dunhuang-Manuskripte, die entlang der Seidenstraße geborgen wurden; dort hatte man einen unvorstellbaren Schatz von Texten in verschiedenen Sprachen aus dem 4. bis 11. Jahrhundert entdeckt. Der tibetische Corpus allein umfasst Tausende von Manuskripten jedweder Art, darunter die erste bisher bekannte medizinische Zeichnung. So bieten diese alten Texte dem Forscher ein weites Spektrum von Quellen aus der frühesten Epoche von Tibet. Es war Chetsang Rinpoches Wunsch, diese in ihrer Gesamtheit zugänglich zu machen, gemäß seiner Vision, die tibetische Kultur und Religion zu erhalten.

2005 baute Chetsang Rinpoche in der Nähe der Songtsen Library ein großes College für höhere buddhistische Studien, das Kagyu College. Mit dessen Eröffnung war das Drikung-Mandala in Dehradun zur Vollendung gekommen.

In 2011 veröffentlichte Drikung Kyabgon Chetsang ein wichtiges Geschichtswerk: History of the Tibetan Empire (Drawn from the Dunhuang Manuscripts), eine authentische Sammlung frühester Quellen zur tibetischen königlichen Dynastie, beginnend mit prähistorischen Quellen bis hin zum Zusammenbruch des Reiches im 9. Jahrhundert.

Dieses Werk wird in Kürze auch in deutscher Übersetzung erscheinen.

In den letzten Jahren begann Chetsang Rinpoche viele neue hervorragende Aktivitäten: Die bekanntesten sind das ökologische Projekt Go Green in Ladakh, das Eis-Stupa-Projekt im Himalaya und das Shravasti-Projekt vom November 2015.